Steht ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung?
Können Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer bei gesundheitlicher Beeinträchtigung, obwohl ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, steuerlich zum Abzug gebracht werden? Eine Arbeitnehmerin, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen den von ihrem Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz nicht an allen Werktagen nutzen kann, sondern stattdessen zur Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit gehalten ist, ihrer Berufstätigkeit in ihrem häuslichen Arbeitszimmer nachzugehen, kann die Aufwendungen hierfür als Werbungskosten in Höhe von höchstens € 1.250,00 im Jahr steuerlich geltend machen (FG Berlin-Brandenburg vom 29.9.2022, 5 K 5138/21).
Praxishinweis
Voraussetzung für das Abzugsverbot ist, dass der andere Arbeitsplatz „für die betriebliche oder berufliche Betätigung“ des Steuerpflichtigen zur Verfügung steht. Dies ist nur dann der Fall, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Weise tatsächlich nutzen kann. Muss der Steuerpflichtige hingegen einen nicht unerheblichen Teil seiner beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer erledigen, weil er seinen Arbeitsplatz nur eingeschränkt nutzen kann, kommt das Abzugsverbot nicht zum Tragen. Denn in einem solchen Fall ist das Arbeitszimmer notwendig, so dass sich der Steuerpflichtige den Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer nicht entziehen kann. Entscheidend ist, ob gewährleistet ist, dass der Arbeitnehmer seine berufliche Tätigkeit in dem konkret erforderlichen Umfang an dem „anderen Arbeitsplatz” erledigen kann. Ausgehend von diesen Grundsätzen steht der andere Arbeitsplatz der Klägerin entgegen der Auffassung des Beklagten nicht uneingeschränkt zur Verfügung. Denn wie sich aus der ärztlichen Stellungnahme und dem vom Beklagten nicht in Zweifel gezogenen Vortrag der Klägerin ergibt, drohen ihr bei einer arbeitstäglichen Verwendung des vom Arbeitsgeber bereitgestellten Arbeitsplatzes aufgrund ihrer spezifischen Erkrankung gesundheitliche Beeinträchtigungen. Zur Aufrechterhaltung ihrer Arbeitsfähigkeit ist sie deshalb gehalten, an ein bis zwei Tagen in der Woche an ihrem häuslichen Arbeitsplatz zu arbeiten.
Stand: 26. April 2023
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